Mahnmal am Lindenufer
Entstehung
Das Mahnmal am Lindenufer - seit 2016 Sternbergpromenade - wurde 1989 errichtet und erinnert an die Spandauer Synagoge. Sie stand am Lindenufer / Ecke Kammerstraße und wurde in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 durch Brandstiftung zerstört.
„Jeder Mensch hat einen Namen“ - unter diesem Motto wurde das Mahnmal 2012 um eine Namensmauer ergänzt. Die eingefügten Namenssteine erinnern an die während der Naziherrschaft deportierten und ermordeten Spandauer Bürgerinnen und Bürger jüdischer Herkunft. Das gesamte Mahnmal wurde nach Entwürfen von Ruth Golan-Zareh (1944 - 2012) und Kay Zareh errichtet.
Liste der namentlich bekannten deportierten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger Spandaus und ihrer Wohnadressen (PDF inkl. bereits vorhandene Stolpersteine)
Die Symbolik
Die beiden hintereinander aufgestellten Steine, der eine hell, der andere dunkel, symbolisieren das Synagogenbauwerk: weiße Putzfassade auf dunklem Sockel.
Der Riss, der sich durch die Steine zieht, veranschaulicht den Zustand der Zerstörung. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Synagoge befand sich direkt am Lindenufer das Offizierskasino einer Artilleriekaserne. Reste der Mauer sind heute noch am Parkplatzrand zu sehen.
Diese Mauer ist im Mahnmal verlängert und deutet den Verursacher der Zerstörung an - Militarismus, Nationalismus, Nationalsozialismus. Die Ursachen, die die Zerstörung herbeigeführt haben, sind hier symbolisch auf die vorhandene Restmauer beschränkt worden. Diese steht für die unfassbare Entgleisung einer „Kulturnation“.
Zwischen dem weißen und dem dunklen Stein ist eine Lichtinstallation in Erinnerung an das Ewige Licht der zerstörten Synagoge eingearbeitet.
Die Skulptur steht auf einer quadratischen Messingplatte, die jeweils in 12 Einheiten aufgeteilt ist. Dies symbolisiert die 12 Jahre der Herrschaft des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.
Die beiden Steine, einer hell und einer dunkel, zitieren außerdem eine Textpassage aus den Qumranrollen, in der vom „Kampf zwischen den Mächten des Lichts und denen der Finsternis“ berichtet wird. Das Zitat findet sich wieder im hebräischen Teil der Inschrift auf der Außenseite des weißen Steins.
Namensmauer
Hier ist jeder Stein ein Teil der Gemeinschaft - jeder für sich verschieden und im Gesamtbild doch im Verband mit dem Nachbarn.Diese Gemeinschaft als stabiles tragendes Element ist in ihrer Funktion aus dem Gleichgewicht geraten. Sie steht nicht mehr, um tragend zu sein. Sie birgt nicht ihre einzelnen Mitglieder in Sicherheit.
Sie wirkt, je mehr sie sich aus dem Grund erhebt und an Volumen gewinnt, unstabil, unberechenbar, nicht mehr statisch und verlässlich, sondern in Schieflage kurz vor dem Umstürzen. In diesem Stadium der Entwicklung werden Teile der Gemeinschaft plötzlich heraus gehoben. Dies geht sehr allmählich vor sich. Man muss hinsehen, um zu erkennen, dass hier aus unserer Mitte plötzlich Mitmenschen erfasst werden, um später ausgesondert, deportiert und ermordet zu werden.
Die Namensmauer bewahrt die Namen der bisher bekannten 115 Spandauerinnen und Spandauer, die wegen ihrer jüdischen Herkunft deportiert und ermordet wurden. Außerdem sind für Menschen, deren Namen wir bisher nicht kennen, zwei Steine mit der Aufschrift UNBEKANNT eingefügt.
Kay Zareh
Die Namensmauer wurde auf Initiative und mit Unterstützung des Evangelischen Kirchenkreises Spandau unter dem Motto „Jeder Mensch hat einen Namen“ errichtet. Viele Menschen - überwiegend aus Spandau - haben sich mit einer Spende an der Finanzierung beteiligt.
Die Geschichte der Spandauer Synagoge
1894 - Gründung der selbständigen Synagogen-Gemeinde zu Spandau und Ankauf des Grundstückes an der Kammerstr. / Ecke Lindenufer durch die Jüdische Gemeinde zum Preis von 20.000 Mark
1894 - 1895 - Bau der Synagoge am Lindenufer/Ecke Kammerstr. nach einem Entwurf des renommierten Berliner Architekturbüros Cremer & Wolffenstein
15. September 1895 - Einweihung der neuen Synagoge im Beisein des Spandauer Oberbürgermeisters Friedrich Koeltze und weiterer Honoratioren aus Spandau. Die Synagoge hatte 296 Plätze, davon 163 für Männer und 133 für Frauen.
1929 - Die Jüdische Gemeinde zu Spandau hat 600 Mitglieder.
9./10. November 1938 - Zerstörung der Synagoge durch Brandstiftung - Verhaftung von Rabbiner Löwenstamm (1882-1965)und Verschleppung ins KZ Sachsenhausen - Entlassung unter der Bedingung, Deutschland zu verlassen - Flucht von Rabbiner Löwenstamm nach England - Die Jüdische Gemeinde zu Spandau wird aufgelöst.
16. Dezember 1942 - Deportation von Louis Salomon, dem letzten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Spandau, nach Theresienstadt
9. November 1989 - Einweihung des Mahnmals für die zerstörte Synagoge am Lindenufer
27. Juni 1991 - Gedenktafel zur Erinnerung an die Synagoge am Wohnhaus Lindenufer / Ecke Kammerstraße gestaltet von dem Berliner Bildhauer Volkmar Haase (1930-2012)
9. November 2005 - Einweihung einer "Berliner Gedenktafel" für Rabbiner Löwenstamm vor seinem Wohnhaus in der Feldstr. 11
9. November 2012 - Einweihung der Namensmauer mit den Namen der bisher bekannten 115 Spandauer Opfer der Shoa