19/05/2025 0 Kommentare
Bunte Tüte
Bunte Tüte
# Predigt des Superintendenten

Bunte Tüte
Kantate – heißt dieser Sonntag „Singt!“ Und gesungen wurde reichlich an diesem Wochenende. Gestern Nacht in Basel zeigten Sängerinnen und Sänger aus verschiedenen Nationen beim Eurovision Song Contest ihr Können. Und heute sind es Chöre und Ensembles aus den verschiedenen Gemeinden und Regionen des Kirchenkreises Spandau. Quasi ein Spandovision Song and Music Contest. Nur ohne Wettbewerb und Jury, auch Sie im Publikum können leider nicht für Ihren Lieblingssong voten, Sie dürfen sich einfach freuen an der Musik und dem Konzert:
„Bunte Tüte“- da denk ich an die Tütchen, die es früher beim Kiosk gab, mit Bonbons darin, Lakritz und verschiedenen Gummitierchen, für ein paar Pfennig vom gesparten Taschengeld. „Bunte Tüte“ – da ist für jeden was dabei, ganz verschiedene musikalische Leckerbissen haben die Kolleginnen und Kollegen aus der Kirchenmusik für Sie zusammengestellt. Und genau wie so ein Gummitierchen aus der Tüte, muss man die musikalischen Köstlichkeiten, langsam verkosten. Bleibt nicht nur am Gaumen haften, sondern geht ins Herz.
Ein amerikanisches Sprichwort heißt: „Talking about love is like dancing about architecture“. Zu Deutsch: „Über die Liebe zu sprechen ist genauso wie über Architektur zu tanzen.“ Sprich: Dem Gegenstand nicht angemessen. Wo es um das Wesen wahrer Liebe geht, fehlen Worte. Ich kann zwar wunderschöne Geschichten über sie erzählen, aber die Liebe selbst, an und für sich, die kann ich nicht so zur Sprache bringen, dass ich ihr gerecht werde. Das hat die Liebe mit Gott gemeinsam - auch Gott lässt sich ja grundsätzlich nicht angemessen zur Sprache bringen.
Nur ansatzweise, in aller Brüchigkeit und Vorläufigkeit und Beschränktheit in Bildern und Geschichten beschreiben, aber dem Wesen nach eben nicht umfassend zu packen. Generell ja überhaupt nicht zu packen, festzulegen, zu definieren mit dem Verstand und der Sprache. „Talking about God is like dancing about architecture“, könnte man vielleicht in Abwandlung des Zitats sagen: “Über Gott zu sprechen ist genauso wie über Architektur zu tanzen.”
Und deshalb ist das eigentliche Medium, um Gott zur Sprache zu bringen die Musik. Wen wundert es, dass in der Geschichte der Musik bis heute keine zwei Themen so häufig vorkommen wie Gott und die Liebe, diese zwei, von denen wir Christen ja sagen würden, dass sie eins sind: Denn Gott ist die Liebe. Und Musik ist die Sprache des Herzens, erreicht Menschen oft tiefer als ein gesprochenes Wort.
Der berühmte Geiger Sir Yehudi Menuhin nannte sie einmal „die eigentliche Muttersprache aller Menschen“ und schrieb: „Denn sie ist die natürlichste und einfachste Weise, in der wir ungeteilt da sind und uns ganz mitteilen können – mit all unseren Erfahrungen, Empfindungen und Hoffnungen (…). Singen macht, wie nichts anderes, die direkte Verständigung der Herzen über alle … Grenzen hinweg möglich.“ Muttersprache aller Menschen und Muttersprache des Glaubens möchte ich ergänzen.
Eine Sprache, die uns, jene lehren, die uns vorausgegangen sind- die Mütter und Väter des Glaubens. Ihre Worte und Melodien liegen bereit für uns – wir können in sie hineinschlüpfen wie in einen wärmenden Mantel. Mit ihnen können wir himmelhoch jauchzen und aus tiefstem Herzen seufzen und wenn wir sie ertönen lassen, ist es als ströme in unserem Singen und Musizieren der Atem eines anderen, ein Klangraum der sich um uns breitet wie ein Vorschein der Ewigkeit. Ob Gregorianik, Barock oder Pop – so viele Weisen gibt es, von Gott und der Liebe zu singen. „Bunte Tüte“ eben.
Notwendig und nützlich ist die Musik nicht. So unnütz wie Küsse, Gedichte und Schokoladentorte. Doch was wären wir ohne sie? Nein, Musik ist nicht nützlich, sie ist etwas viel Besseres: Sie ist schön. „Talking about music is like dancing about architecture“, eine weitere Variation des Zitats: Über Musik zu reden ist wie über Architektur zu tanzen.
Musik muss man hören und selbst machen. Deshalb höre ich jetzt auf zu reden und Sie können sich freuen, was es noch in der „Bunten Tüte“ zu entdecken gibt. Spandovision 2025 geht weiter. Ich bin sicher am Ende wird Ihr Urteil lauten: Spandau – Twelve Points, La Spandovie – Douze Points. Mit Musik gewinnt man immer.
Amen.
Florian Kunz
Predigt gehalten am 18. Mai 2025, in der St. Nikolai Kirche zum Konzert der Spandauer Kirchenmusik "Bunte Tüte"
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