07/05/2025 0 Kommentare
Himmelwärts
Himmelwärts
# Predigt des Superintendenten

Himmelwärts
Jesus sprach zu seinen Jüngern: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.
Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.
„Himmelwärts“ steht auf der Postkarte und auf dem weißen Wölkchen schweben Wanderschuhe und Rucksack. „Himmelwärts“ ist das diesjährige Pilgermotto und irgendwie auch Richtungsanzeige. Ob Stadt-, Land-, oder Wasserweg, auf jeden Fall „himmelwärts“, denn beim Pilgern geht es ja letztlich nicht darum irdische Ziele zu erreichen, es ist ein spiritueller Weg, bringt uns in Kontakt mit der Wirklichkeit Gottes, die wir Christen Himmel nennen.
„Himmelwärts“ schauen, konnten wir, eben vor der Kirche. Ob wolkenverhangen, himmelblau oder des Nachts mit Sternen übersät – der Blick nach Oben hat Menschen immer schon fasziniert. Lange Zeit war, was sich über der Erde wölbt, ein großes Rätsel … unerforschte Weiten, grenzenloser Raum. Kein Wunder, dass Gott und das Göttliche „himmelwärts“ lokalisiert wurden, im Firmament. Hier muss der Ewige wohnen – dachte man - mitsamt himmlischen Heerscharen, Engelchören und Heiligen und hier hat man auch die Verstorbenen verortet. „Himmelwärts“ – ein Sehnsuchtsort, der auch die Popmusik zu zahlreichen Songs inspiriert hat. Ob „Stairway to Heaven“ von Led Zepplin, „Tears in Heaven” von Eric Clapton oder “Über den Wolken“ von Reinhard Mey. „Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“
„Himmelwärts“ geht es auch für Jesus. In der Apostelgeschichte haben wir gehört wie es den Auferstandenen nach Oben zieht, bis er abhebt und er schwebt … der Sonne entgegen. Viele Künstler haben das gemalt. Bei Salvador Dali sieht der Betrachter nur noch die Fußsohlen Jesu und seine ausgebreiteten Segensarme - wie er emporsteigt in einem kosmischen Lichtkegel - himmelwärts. Dabei war Jesus immer so erdverbunden, mit beiden Beinen auf dem Boden. Keiner, der Höhenflüge unternahm und nach Oben strebte, sondern zu denen wollte die Unten sind. Nein, leichtfüßig war er nicht unterwegs, hat sich der Erdenschwere ausgesetzt, hat getragen am Leben, hat auf sich genommen was Menschenherzen schwer macht: Trauer und Zweifel, Krankheit und Krummes, das Kreuz und die Wunden, ja sogar das Allerschwerste hat er getragen, den Tod.
Doch nun ist er frei, grenzenlos frei, keine Schwerkräfte ziehen mehr an ihm, er schwebt – „himmelwärts“.
Und der Ort, wo das geschah lässt sich besichtigen: Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg in Jerusalem. Die meisten Pilger lassen den kleinen Rundbau links liegen weil er so unscheinbar aussieht. Dabei gibt es darin etwas Besonderes zu sehen: Einen letzten Fußabdruck Jesu, den er hinterlassen haben soll, als er zu seinem Aufstieg in den Himmel startete. Tiefe Umrisse der Füße im Stein. Also doch kein sanftes Entschweben, sondern eher mit Wucht über die Wolken? Quasi ein Rückstoßabdruck? Eine deutsche Touristengruppe interessiert etwas ganz anderes. „Welche Schuhgröße hatte Jesus denn?“ fragen sie den Tourguide. Der lacht: „Ihr Deutschen wollt immer alles ganz genau wissen, oder?“
„Himmelwärts“ – schauen die Jünger in der Apostelgeschichte, blicken Jesus nach, bis er nur noch ein Punkt am Horizont ist. Zwei Männer in Weiß holen wieder auf den Boden der Tatsachen, lenken die Blicke zurück die sich in den Wolken verfangen haben: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Jesus ist nicht irgendwo hingegangen, er geht nun überall hin – mit euch. Deshalb ist eure Perspektive hier unten, weltwärts. Seht die Welt mit seinen Augen, liebt sie mit seiner Barmherzigkeit, habt seinen Mut aufzustehen für die Vergessenen, widersteht dem Bösen – tut, was er tat – macht die Erde himmlischer. Wie er gesagt hat: Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Das soll euch bleiben wie ein Fußabdruck in Stein. „Welche Schuhgröße hatte Jesus denn?“ Riesengroße Fußstapfen hat er uns hinterlassen. Wir sollen trotzdem in sie treten.
„Himmelwärts“ – das ist keine äußere Richtung, sondern eine Bewegung des Herzens, keine Weltflucht in ein Wolkenkuckucksheim, sondern der Auftrag mit an Gottes Reich in dieser Welt zu bauen. Die Kirche ist keine Luftaufsichtsbaracke. Wir nehmen das Leben hier unten in den Blick und unser Glaube gestaltet es mit.
Und um etwas von der Weite der Wirklichkeit Gottes zu schmecken, brauchen wir immer wieder den Blick nach oben, ins Blaue hinein, mit Schäfchenwolken und zur Not auch Nieselregen auf der Nasespitze, auf jeden Fall mit Wanderschuhen und Pilgerhalstuch. Wohin ist klar: „Himmelwärts“.
Amen.
Florian Kunz
Predigt gehalten am 4. Mai 2025, in der Dorfkirche Alt-Staaken zum Pilgerauftakt. Eine Predigt nach der Apostelgeschichte 1,8-11
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