19/04/2025 0 Kommentare
Ostern ist ein trotziges Fest
Ostern ist ein trotziges Fest
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Ostern ist ein trotziges Fest
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Trotz“ hören? Vielleicht kommt Ihnen ein Kleinkind in den Sinn, das sich vor der Supermarkt-Kasse schreiend auf den Boden wirft, weil seine Mutter nicht bereit ist, ihm etwas von den vielen bunten Süßigkeiten in Griffweite zu kaufen. Umstehende gucken genervt bis mitleidig auf die Szene. „Das Kind ist wohl in der Trotzphase“, meint eine ältere Dame.
„Trotz“ – das Wort wird oft mit kindischem, widerborstigen Verhalten assoziiert, als unreif abgetan. Dabei ist die Trotzphase für Kinder eine notwendige Form von Emanzipation. In früheren Zeiten hatte das mitteldeutsche „Trutz“ einen edlen Klang, meinte Standfestigkeit und Widerstandsmut. So eine Trotzkraft sehe ich in beeindruckender Weise beim ukrainischen Volk, das dem Überfall Russlands vom ersten Tag an standgehalten hat. Neben aller solidarischen Hilfe durch befreundete Länder bleibt der Widerstand ein Wunder.
Woher kommt diese Überlebensenergie, diese seelische Stabilität, dieser Lebensmut, diese Unerschütterlichkeit, dieses Vertrauen in die Verheißung der Freiheit?
Ostern ist ein zutiefst trotziges Fest: Der Tod hat abgewirtschaftet, das Böse wird entmachtet – das ist die Botschaft des Auferstandenen, wie er aus der Dunkelheit der Grabeshöhle ans Licht tritt. Trotz Krieg und Gewalt an so vielen Orten, trotz der Realität menschlichen Elends, trotz mancher Verzagtheit in deinem und meinem Herzen, trotzdem … Ostern buchstabiert diese widerständige Hoffnung gegen den Augenschein: Wir werden nicht gerettet, wir sind es schon. Vielleicht ist der Glaube ja eine Trotzphase, die andauert? Eine Lebenshaltung, die Dorothee Sölle wunderbar in Worte gekleidet hat:
Ich muss sterben.
Aber das ist auch alles,
was ich für den Tod tun werde.
Alle seinen anderen Ansinnen
werde ich ablehnen.
Allen seinen Verführungen
zur Resignation
zur Beziehungslosigkeit
zur Angst, dass er am Ende siegen könnte,
werde ich widerstehen.
Sterben muss sich,
aber das ist auch alles,
was ich für den Tod tun werde.
Lachen werde ich gegen ihn
und singen,
so dass es die anderen ansteckt.
und Geschichten erzählen
wie die Osterfrauen
seine Niederlage aufdeckten.
Zusammen mit euch,
meine Freundinnen und Freunde,
werde ich ihm Tag um Tag Land abgewinnen.
Sterben werden wir, aber das ist auch alles,
was wir für den Tod tun werden.
Uns wird er nicht halten können,
denn der, der ihn besiegt hat, verheisst,
dass wir mit ihm leben sollen.
Und sei es nur für Ostern … Ich wünsche Ihnen, dass Sie das Trotzkind in sich entdecken. Ja, denn solch wunderbar widerborstige Gewächse sind wir Gotteskinder. Trotzdem Leben, trotzdem Hoffen, gerade jetzt. Und Süßigkeiten gibt es ganz ohne Quengeln dazu. Sie wissen schon – die bunt verpackten und manchmal gut versteckten …
Ein frohes und trotziges Osterfest wünscht Ihnen
Ihr Superintendent Florian Kunz
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