
17/07/2025 0 Kommentare
„Unwritten?“
„Unwritten?“
# Predigt des Superintendenten

„Unwritten?“
Seid herzlich willkommen zum 2. Spandauer Tauffest! 40 kleine und große Menschen und vielleicht noch weitere Spontanentschlossene feiern heute ihre Taufe, hören die Zusage Gottes: „Du bist mein Lieblingsmensch. Dein Leben ist getragen in mir.“ Einmal mit Wasser begossen und trocken gerubbelt, doch diese Zusage gilt für immer. Apropos „mit Wasser begossen“ … damit genug Taufwasser fließt bekommen wir heute auch noch ein wenig Unterstützung von oben. Man könnte fast meinen, der Himmel meint es ein wenig zu gut mit uns.
Auf jeden Fall meint es der Popchor gut mit uns, der auch heute wieder ohrwurmverdächtige Songs aus seinem Repertoire dabei hat. Einen haben wir gerade gehört: „Unwritten“ von Natasha Bedingfield – stürmte gleich zweimal die Internationalen Charts – nämlich 2004 und dann zwanzig Jahre später 2024 erneut. „Unwritten“ – das heißt so viel wie „unbeschriebenes Blatt“.
I am unwritten – Can't read my mind
I'm undefined – I'm just beginning
The pen's in my hand – Ending unplanned
Natasha Bedingfield singt vom Neuanfangen. Wie das wäre, wenn das ginge! Dein Leben wie ein Buch und du hättest die Chance, die Seiten mit dem Stift in der Hand neu zu füllen. „Unwritten“ eben – deine Geschichte ist noch ungeschrieben, kann ganz neu erzählt werden und wie sie ausgeht ist offen „Ending unplanned“.
„Ach wenn das mal so einfach wäre!“, wird bestimmt der eine oder die andere denken. Unsere kleinen Täuflinge sind ja wirklich noch relativ unbeschriebene Blätter, doch von uns Älteren kann man das nicht behaupten. Das Leben hat so manche Geschichte mit uns geschrieben, vieles hat uns geprägt, einiges auch gezeichnet. Und wenn wir in unserem Lebensbuch zurückblättern finden wir Freude, Glück und Bewahrung, aber auch Bitteres, Versagen und verpasste Chancen. Und manchmal scheint es als wäre der weitere Fortgang der Story schon viel zu festgelegt. Von wegen „Ending unplanned“. Nix mit „Unwritten“! Tabula Rasa machen und das Leben neu schreiben – unmöglich! Wie soll das gehen?
Taufe heißt: Das geht! Auch wenn du kein unbeschriebenes Blatt bist, du kannst trotzdem noch einmal anfangen, deine Geschichte ganz neu erzählen. Weil Gott in ihr zuhause ist und das verändert alles. Was in deinem Lebensbuch auch steht und was du noch schreiben wirst – auf jeder Seite leuchtet hinter den Buchstaben dieses Wasserzeichen der Liebe Gottes.
Ja, Taufe ist ein Wasserzeichen der Liebe Gottes. Bad der Wiedergeburt hat man sie genannt. Könnte es einen größeren Neuanfang geben? Das ist das Versprechen: Die Last der Vergangenheit soll keine Macht mehr über dich haben, du bist frei für die Zukunft, die Gott für dich bereithält. „Ending unplanned?“ Nein – happy ending – das ist Gottes Plan.
Von Martin Luther wird erzählt, dass er in Zeiten des Zweifels und der Angst mit Kreide vor sich auf die Tischplatte schrieb: „Ich bin aber doch getauft!“ Das Wasserzeichen als Kreidezeichen, als Erinnerungsanker und Vergewisserung: Die Liebe Gottes, in der Taufe einmal ausgegossen trägt auch durch Schweres hindurch.
„Unwritten“? Nein, denn Gott schreibt sich uns ein, in unseren Sinn und unser Wesen. Bei der Taufe wird uns mit Wasser ein Kreuz auf die Stirn gemalt. Wieder so ein Wasserzeichen! Das erinnert an Jesus, unseren Menschenbruder und seine Liebe für uns. Zwei Striche bilden das Kreuz – gehören zu jedem Segen. Und Segen kommt von „signare“ und das heißt beschreiben oder bezeichnen. Gott hinterlässt seine Signatur auf uns, seine Handschrift der Liebe in unserem Leben. Wir sind kein unbeschriebenes Blatt – Gott sei Dank! Wir sind gesegnet.
Drench yourself in words unspoken. Live your life with arms wide open - Today is where your book begins - the rest is still unwritten
Schöner kann man eigentlich nicht sagen, was Taufe bedeutet. Also: Tauch ein in dieses Geheimnis, hab offene Arme für das Leben. Heute schlägst du ein neues Kapitel auf. Gott schreibt es mit dir! The rest is still unwritten.
Florian Kunz, Superindentent Kirchenkreis Spandau
Impuls gehalten auf dem Tauffest am 12. Juli 2027 vor der St. Nikolaikirche Spandau.
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