12/09/2024 0 Kommentare
Verabschiedung von Pfarrer Cord Hasselblatt
Verabschiedung von Pfarrer Cord Hasselblatt
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Verabschiedung von Pfarrer Cord Hasselblatt

In der voll besetzten – plus an den Eingängen stehenden Menschen – Kirche Heerstraße Nord feierte die Gemeinde zu Staaken, Gäste aus Spandau, Deutschland und Tansania die Verabschiedung von Pfarrer Cord Hasselblatt. So vielfältig wie er war die Veranstaltung: Es wurde gesungen, gelacht, geredet und zu guter Letzt improvisierte Hasselblatt am Klavier. Danach begab sich die Festgemeinschaft ins nahe gelegene Ernst-Lange-Haus, wo bei Kaffee und Kuchen Grüße, Wünsche und musikalische Beiträge abwechselten.
In seiner Würdigung fasste Superintendent Florian Kunz das bewegte Leben und Wirken von Cord Hasselblatt zusammen:
Würdigung Cord Hasselblatt
Cord ist ein echter Klassiker. Dank seiner vielen positiven Eigenschaften bleiben echte Cord-Fans ihm meist ein Leben lang treu. Trotz seiner fast schon kuscheligen Weichheit ist er robust und strapazierfähig. Nicht nur im Herbst oder Frühjahr, Cord ist für alle Jahreszeiten geeignet. Und: Cord ist sehr pflegeleicht. Trockener Staub lässt sich leicht ausbürsten. Alles andere erledigt im Normalfall die Waschmaschine. Dennoch gilt: Bitte immer aufs Pflegeetikett achten! Falten bei Cord können vermieden werden, indem Sie ihn in nassem Zustand mehrmals kräftig abklopfen und in Form ziehen. Es empfiehlt sich, Cord nicht zu bügeln, da er dann schnell „speckig“ wird und plattgedrückt aussieht.
Spätestens jetzt, liebe Gemeinde, haben Sie gemerkt, dass ich hier von der Webseite eines Herrenausstatters zitiere. Doch vielleicht gilt ja manches, was dem Baumwollstoff mit der samtartigen Optik zugeschrieben wird, auch für unseren Cord?
Cord ist ein echter Klassiker
Der Spross einer baltischen Pastorendynastie ist in zehnter Generation Pfarrer – väterlicherseits. Mütterlicherseits sind es immerhin 4 Generationen. Alter evangelischer Kirchenadel sozusagen, wovon auch Cords Wappenring mit dem Haselblatt zeugt. Ebenfalls ein Klassiker ist ja seit der Reformation der protestantische Pfarrer als Typus des Gelehrten. Auch das verkörpert Cord. Einer mit Akribie und Freude an der theologischen Arbeit, kundig im Dialog mit dem Judentum und in jüdisch-christlicher Bibelauslegung. Und Ernst Langes Theologie zu verstehen und weiterzudenken ist ohnehin ein Herzens- und Lebensthema von ihm.
Dabei war nach dem Abitur die Theologie zunächst eher dritte Wahl. Ein Jugendbuch weckt den Wunsch, Jura zu studieren. Hat er aber wieder verworfen. „Ich wollte nicht die letzte Instanz sein“, hast du erzählt, lieber Cord. Dann lieber Musik? Von Kindesbeinen an spielt Cord Klavier und Geige. Mit 10 gewinnt er bei „Jugend musiziert“ mit Bachs A-Moll-Violinkonzert den dritten Preis und bis heute begeistert er mit seiner Improvisationskunst am Klavier und als Teil der Jazz-Band seine Zuhörer. Dass er wegen seiner musikalischen Begabung mal den Spitznamen A-Cord bekommen hat, ist allerdings ein Gerücht.
Schließlich hat Cord Kirchenmusik am C-Seminar und Theologie an der Kirchlichen Hochschule und der FU studiert. Nach dem Ersten Examen folgt 1985 das Vikariat in der Bonhoeffer-Gemeinde in Lankwitz und im Anschluss widmet er sich in einem Spezialvikariat einer Frage, die ihn bis heute bewegt: „Wie kann der Jüdisch-christliche Dialog in der Gemeindearbeit vorkommen?“ Nach seiner Ordination 1987 absolviert er in Schlachtensee und der Gropiusstadt seinen Hilfsdienst bis er nach Staaken kommt. Zum 1. April 1991 wählt ihn die damalige Kirchengemeinde Heerstraße Nord auf ihre Pfarrstelle.
Nicht nur im Herbst oder Frühjahr, Cord ist für alle Jahreszeiten geeignet
33 Gemeindejahre im Wandel der Kirchenjahreszeiten hast du in Staaken erlebt. Ende der 1990er war Fusionswetter. 1998 bildeten Heerstraße-Nord und Zuversicht eine neue Gemeinde, dann folgte 1999 mit der Dorfkirche Staaken Albrechtshof ein weiterer Zusammenschluss zur Kirchengemeinde Zu Staaken. In diesen ganzen Prozessen, auch mit ihren Schwierigkeiten und Konflikten, hast du dich bescheiden eher als Mitläufer bezeichnet. Zugleich hast du sie mit großer Aufgeschlossenheit unterstützt. Wie Kirche sich an diesem Ort gewandelt hat, war für dich attraktiv und hat dich hier gehalten. Wozu sich auf eine andere Pfarrstelle bewerben, wenn die Gemeinde um einen herum immer wieder neu und anders wird?
Und Teil verschiedener Teams zu sein, war dir immer wichtig. Für die Konfirmandenarbeit hast du viel vom kollegialen Miteinander mit Christian Moest, Gerlinde Schnell-Fechner, Lothar Bärsch und den jugendlichen Teamern profitiert, im Gespräch mit Norbert Rauer und Thomas Schäfer DDR-Kirchengeschichte besser verstehen gelernt und in den letzten 10 Jahren das Zusammenspiel mit den jüngeren Pfarrkollegen Claudia Kusch und Viktor Weber als inspirierend erlebt.
In der Partnerschaftsarbeit der Gemeinde warst du auch enorm aktiv. Seit der ersten Israel/Palästina Fahrt 1994 floss bei deinen Taufen auch Jordanwasser. Sechsmal warst du in deiner Dienstzeit im Heiligen Land und dreimal in Tansania. Es scheint, dass diese Partnerschaft durch euren letzten Besuch vor einigen Monaten neu an Fahrt aufgenommen hat – wie schön! Die Verbindung nach London-Luton ist leider abgeebbt – alles hat seine Zeit.
Weitere Highlights in 33 Jahren waren ein Gottesdienst mit Bläsern auf dem Gipfel des Hahnebergs, Krippenspiele im Schafstall der Naturschutzstation, Martinsmärkte, viele Chorauftritte und natürlich das Ernst-Lange-Forum mit Namensgebung des Gemeindehauses im Pillnitzer Weg 8 im Juli dieses Jahres. Irgendwie heimlich oder offenkundig auch eine Summe und Würdigung deines theologischen Denkens. In all den Jahrzehnten war dir stets wichtig: Eine Gemeinde ist nicht um ihrer selbst willen da, Kirche muss mit anderen und für andere wirken, nah an den Menschen sein. Als Seelsorger hast du die Geh-Struktur von Kirche gelebt, viele Besuche gemacht und dich im Gemeinwesen vernetzt, warst Vorstand im Fördererverein und Mitglied im Quartiersrat.
Trotz seiner fast schon kuscheligen Weichheit ist Cord robust und strapazierfähig
Ja, ein prophetischer Mahner bist du auch, der sehr dezidiert seine Meinung vertreten kann, unermüdlich engagiert im jüdisch-christlichen Dialog und in der AG Christen und Juden im Kirchenkreis. Ein Streiter an der Seite Israels, der angesichts dessen, was er kirchlichen Verlautbarungen oder weltlichen Medien entnimmt, immer wieder vom gerechten Zorn gepackt lange E-Mails verfasst. Zum Beispiel an die BBC, in geschliffenem Englisch, aber hammerhart in der Sache, Bischof und Superintendent natürlich in CC. Mein Arbeitsalltag wird gewiss langweiliger ohne diese Mails sein. „Ich bin ein Überzeugungstäter, aber auch lernbereit“, hast du es treffend auf den Punkt gebracht.
Cord ist sehr pflegeleicht
Ob das stimmt, kann natürlich am besten deine Frau beantworten. Sie kennt das Pflegeetikett. Mir scheint: Auch der guten Pflege von Ihnen, liebe Karin Hasselblatt, ist es zu verdanken, dass Cord so lange kraftvoll und wohlbehalten in dieser Gemeinde wirken konnte. Sie haben seinen Dienst als Pfarrer unterstützt und mitgetragen mehr, als wir ahnen können. Vor 33 Jahren begann nicht nur Cords Dienst in Staaken, vor 33 Jahren begann auch Ihre Ehe. Nun freuen sie sich auf mehr gemeinsame Zeit in Erlangen, in Ihrer fränkischen Heimat. Gottes Segen dafür!
Cord ist ja einer der wenigen Pfarrer, die fast immer ein Sakko tragen. Ein Cord-Sakko habe ich allerdings noch nie an ihm gesehen, nicht einmal Cord-Hosen. Naja – wieso auch einen Klassiker tragen, wenn man selber ein Klassiker ist. Dann doch lieber zu dem evangelischen Modeklassiker greifen, den du auch heute trägst – der Talar – und der das sichtbare Zeichen deines Dienstes hier in Staaken ist. Danke für 33 Jahre mit den Menschen sein, für theologische Leidenschaft und prophetischen Furor, für geschliffene Worte und spitzfindigen Humor, für Ernst-Lange-Weiterdenken und weltweite Ökumene, für Sozialraumorientierung und jüdisch-christlichen Dialog … und danke auch für die Musik.
Florian Kunz, Superintendent Kirchenkreis Spandau
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